(Rüsten; 05-03; S.2)
Die nunmehr geltenden Richtlinien stellen die
Summe der im letzten Jahrzehnt stattgefundenen Diskussionen um
die Neuausrichtung der Streitkräfte dar und sollen über parteipolitische
Differenzen hinaus gehen, also auch länger als eine Legislaturperiode
gelten.
Ihre erste und wohl wichtigste Feststellung
ist die folgende: "Eine Gefährdung deutschen Territoriums
durch konventionelle Streitkräfte gibt es derzeit und auf absehbare
Zeit nicht." (Bundesministerium der Verteidigung: Verteidigungspolitische
Richtlinien, Berlin 21.05.03). - Diese auf den ersten Blick
nicht weiter erstaunliche Einsicht hat mehrere Konsequenzen: für
die Rechtfertigung der Aufstellung von Streitkräften, für die
damit verbundene Wehrform, für Struktur und Umfang der Streitkräfte
sowie für ihre Ausrüstung.
Was ist Verteidigung?
Im Grundgesetz findet sich der Grund, aus dem
in Deutschland Streitkräfte ausschließlich aufgestellt werden
dürfen. Art. 87a Abs. 1 Satz 1 lautet schlicht: "Der
Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf." - Wenn
aber, wie in den Richtlinien festgestellt, eine konventionelle
Bedrohung auf absehbare Zeit nicht mehr besteht, worin besteht
dann "Verteidigung"?
Eine Antwort hierauf findet sich im 37., 72.
und 79. Absatz der VPR. In der genannten Reihenfolge finden sich
dort folgende Sätze: "Gleichwohl sind die politische
Bereitschaft und die Fähigkeit, Freiheit und Menschenrechte, Stabilität
und Sicherheit notfalls auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen
oder wiederherzustellen, unverzichtbare Voraussetzung für die
Glaubwürdigkeit eines umfassenden Ansatzes von Sicherheitspolitik.
[...] Um seine Interessen und seinen internationalen Einfluss
zu wahren und eine aktive Rolle in der Friedenssicherung zu spielen,
stellt Deutschland in angemessenem Umfang Streitkräfte bereit
... . Dazu gehört auch die Unterstützung von Bündnispartnern,
an den Bündnisgrenzen oder in einem geographisch noch weiteren
Rahmen. Unterstützung von Bündnispartnern umfasst die Wahrung
des Staatsgebiets einschließlich der Hoheitsgewässer und des Luftraumes
sowie der politischen Entscheidungs- und Handlungsfreiheit der
Verbündeten. Dazu gehört die Unterstützung im Kampf gegen den
Terror sowie der Schutz der Bevölkerung und lebenswichtiger Infrastruktur."
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