(Reformen; 04-03; S.4)
Entscheidungsgrundlagen
Bei allen diskutierten Vorschlägen wird zwar
gelegentlich auf die Verteilungswirkung aufmerksam gemacht, die
gegebene Sozialstruktur jedoch nicht thematisiert.
- Auch hierin kann man ein Indiz für deutsche Streitunlust sehen,
die durch die wirtschaftliche Entwicklung in der BRD zudem gefördert
wurde: bis in die achtziger Jahre ging es ausschließlich um die
Verteilung von Zuwächsen ohne die gegebene soziale Ungleichheit
aufzuheben.
Der Soziologe Rainer Geißler kennzeichnet diesen
grundlegenden Sachverhalt: "Die um Preisanstieg, Steuern
und Sozialbeiträge bereinigten Nettorealverdienste der Arbeitnehmer
stiegen zwischen 1950 und 1979 um das 3,2fache an ... . Nach 1980
gab es nur noch in drei Jahren - 1987, 1988 und 1990 - weitere
leichte Steigerungen, insgesamt gut 6 %. Das real verfügbare Pro-Kopf-Einkommen
der Westdeutschen erreichte 1991 seinen bisherigen Gipfel und
lag ... bei 12.844 €[Euro] ... . Zwischen 1991 und 1994
sank es dann um 8 % und stieg bis 1998 nur geringfügig wieder
an. In der Rückwärtsentwicklung kommen insbesondere die Lasten
der deutschen Vereinigung zum Ausdruck." (Geißler, R:
Die Sozialstruktur Deutschlands. Dritte grundlegend überarbeitete
Aufl. Bonn und Wiesbaden 2002, S. 83.)
In der DDR verlief die Entwicklung der Einkommen
historisch bedingt anders, dennoch kann man mittlerweile von einer
weitgehenden Angleichung bei Fortbestehen eines Rückstands sprechen:
Geißler bemisst den Unterschied auf durchschnittlich 25 % (siehe
unten Abb. 4.7 aus ebd., S. 95). (weiter
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