(Irak - noch immer; 03-02; S.4)
Dass verfügbare, billige Rohstoffe für eine
Industrienation unverzichtbar sind, braucht nicht weiter erklärt
zu werden. Dass jede US-Regierung den persischen Golf als "amerikanischen
Teich" (Huntington, S.: Kampf der Kulturen, 6. vollständige
Taschenbuchausgabe 1998, S. 410) einer Saddam-See vorzieht, braucht
ebenfalls nicht diskutiert werden.
Momentan fährt die Bush-Administration offenbar doppelgleisig:
einerseits wird sie sich über die nunmehr vertraglich vereinbarte
Baku-Ceyhan Pipeline freuen, andererseits versucht sie den Einfluss
Husseins auf andere arabische Staaten möglichst gering zu halten.
Dass solcherlei Vorhaben von der ölverarbeitenden Industrie und
den Energieunternehmen begrüßt werden, ist einsichtig und beschert
Angehörigen der Administration sicher offene Türen für die Zeit
nach der Politik.
Das sicherheitspolitische Argument ist mindestens
für die Nachbarstaaten Iraks entscheidend: falls das Regime widerrechtlich
über Massenvernichtungsmittel und Raketen mit einer Reichweite
von mehreren Tausend Kilometern verfügte, wäre die militärische
Balance in der Region erheblich gestört. - Das herauszufinden,
ist Aufgabe von UN-legitimierten Waffeninspekteuren, deren Hinderung
sämtliche Fairness im Umgang mit dem irakischen Regime überholt
erscheinen ließe. Als einziger Staat der Welt, der seine Macht
zugleich am östlichen Mittelmeer wie am persischen Golf entfalten
kann, wäre dann - und nur dann - die USA gefordert.
Ob die geschilderten Weltordnungstendenzen zur
gegenwärtigen Irak-Politik der Bush-Administration führen - dass
sie den Interessen der USA entsprechen, ist tautologisch - sollen
professionelle Nachrichtenbeschaffer beurteilen. Es sei jedoch
noch einmal der Politologe Huntington zitiert:
"Das Problem für den Islam sind nicht die CIA oder
das US-amerikanische Verteidigungsministerium. Das Problem ist
der Westen, ein anderer Kulturkreis, dessen Menschen von der Universalität
ihrer Kultur überzeugt sind und glauben, daß ihre überlegene,
wenngleich schwindende Macht ihnen die Verpflichtung auferlegt,
diese Kultur über die ganze Erde zu verbreiten." (ebd.,
S. 350)
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