(Türkiye; 04-02; S.4)
Dass der Türkei noch einige Arbeit bevor steht,
falls sie weiterhin in die EU aufgenommen werden will, geht aus
den jährlichen Berichten der EU-Kommission hervor.
Für 2002 wurden zwar erhebliche Fortschritte auf fast allen verhandelten
Gebieten festgestellt, trotzdem sind vor allem im wirtschaftlichen
Bereich - Stichworte: zweistellige Inflationsraten sowie Privatisierung
bzw. Öffnung von Märkten - noch einige Anstrengungen zu unternehmen.
(Vgl. Commission of the European Communities: 2002 Regular report
on Turkey's progress towards accession;
http://europa.eu.int/comm/enlargement/report2002/tu_en.pdf.)
Die Novemberwahlen
Vor diesem Hintergrund fanden die Wahlen zur
Großen Nationalversammlung am 3. November statt. Ihr Ergebnis
war überraschend: keine der seit 1999 die Regierungskoalition
bildenden Parteien ist im neuen Parlament vertreten. So regierte
der Premierminister Bülent Ecevit und seine DSP bislang mit der
MHP von Devlet Bahceli und der ANAP von Mesut Yilmaz.
Aufgrund der Zehn-Prozent-Hürde bei türkischen
Nationalwahlen ergeben sich nach dem vorläufigen Ergebnis folgende
Veränderungen in der Regierung:
1999 |
|
2002 |
DSP 22 % => 136 Sitze |
=> |
AK 34 % => 363 Sitze |
CHP 19 % => 178 Sitze |
|
ANAP 13 % => 88 Sitze |
MHP 18 % =>130 Sitze |
Prozentangaben auf ganze
Zahlen gerundet, Gesamtzahl der Sitze: 550 |
Tayyip Erdogan, Vorsitzender der AK-Partei,
kann selbst nicht Premierminister werden, da er vorbestraft ist.
Über seine Partei kann man bislang wohl nur sagen, dass sie national-islamische
Wurzeln hat, mehr nicht.
Es bleibt also abzuwarten, wie sich die offizielle Regierungspolitik
entwickeln wird. Jedenfalls wird Erdogan einen Spagat zwischen
nationaler Rhetorik und westlicher Politik schaffen müssen, falls
er weiter Unterstützung von den westlichen Institutionen erhalten
will. Dass diese dringend gebraucht wird, zeigt die desolate wirtschaftliche
Lage.
(Ende des Artikels)