(Erdbeben; 01-03; S.4)
Perspektiven
Bevor nun voreilige Schlüsse und Aktivitäten
in Gang gesetzt werden, sollte nicht vergessen werden, dass es
sich um Landtagswahlen zu Beginn der föderalen Legislaturperiode
handelte.
Die in Niedersachsen gewählten Abgeordneten vertreten ca. 8,0
Mio. Einwohner, die in Hessen ca. 6,1 Mio. Somit beziehen sich
die festgestellten Entwicklungen auf ca. 17 Prozent aller deutschen
Einwohner. - Das ist sicher keine zu vernachlässigende Größe,
aber sicher auch kein Bevölkerungsanteil nach der sich die Mehrheit
zu richten hat.
Aufgrund der nunmehr ausgebauten Mehrheit der
CDU regierten Länder im Bundesrat wird es diesen also leichter
fallen, zustimmungspflichtige Gesetzesvorlagen abzulehnen. Ob
dies allerdings eine Taktik ist, die die Wähler bis zum Ende der
Legislaturperiode des Bundestages gutheißen werden, mag dahin
gestellt bleiben. Jedenfalls lässt sich schlecht glaubwürdig über
"Reformstau" klagen, falls man selbst Verursacher desselben
ist.
Für die Bundesregierung könnte die Versuchung
groß sein, möglichst viele Gesetzesvorlagen als nicht zustimmungspflichtig
zu deklarieren, somit dem Bundesrat keine Möglichkeit zur Ablehnung
zu bieten. - Da die zuständigen Gerichte - anders als z.B. in
den USA - die Aufnahme von Verfahren nicht mit dem Hinweis, dass
es sich um eine politisch zu lösende Frage handelt, abweisen können,
wird solch eine Taktik wohl kaum zu Gesetzen führen.
Gefordert ist daher, dass Landesvertreter sich
zunächst als Abgeordnete ihres Landes und nicht als Parteipolitiker
verstehen und in den Bundestagsausschüssen zustimmungsfähige Vorlagen
erarbeitet werden. - Die Bildung von Regierungs-, Oppositions-
und im Anschluss daran wahrscheinlich von Superkommissionen wäre
jedenfalls kaum geignet, strukturelle Veränderungen zu initiieren.
(Ende des Artikels)