(Prag; 05-02; S.2)
Nicht überraschend sind zum einen weitere osteuropäische
Staaten zur Mitgliedschaft eingeladen, zum anderen aber die Aufgaben
der zwischenstaatlichen Organisation erweitert worden.
In der Gipfelerklärung
werden die erweiterte Agenda und daraus resultierende Anforderungen
recht detailliert geschildert. Interessant ist, ob und wie diese
Absichten politisch diskutiert und umgesetzt werden.
Um eine lange Geschichte kurz - und damit sicher
holzschnittartig - zu fassen, hier die wichtigsten zu lösenden
Fragen:
• Versteht sich die NATO zukünftig als Weltsicherheitsagentur
der Vereinten Nationen oder als militärische Interessenvertretung
von Mitgliedern? Wird also das Bündnis die Legitimation für Einsätze
einzig aus den Entscheidungen des VN-Sicherheitsrates annehmen
oder reichen auch nicht-VN mandatierte Konstruktionen der angenommenen
Selbstverteidigung auf fremdem Territorium und unbestimmte Zeit?
• Wie werden die Strukturen und Umfänge der
beteiligten Streitkräfte verändert? Eher nach dem Leitbildern
der Fähigkeit zur Krisenintervention sowie bündnisinterner struktureller
Nicht-Angriffsfähigkeit? Oder bleibt man bei einer angenommenen
Eigenständigkeit bei der Territorialverteidigung und fügt dieser
bloß eine Interventionskomponente hinzu?
• Wie werden Institutionen der Entscheidungsfindung
und des Einsatzkommandos so verändert, dass sie im Rahmen der
gestellten Aufgaben funktionsfähig sind und zudem ausreichend
legitimiert? - Eine Frage, die sich z.B. auch die EU stellen musste.
• Werden Rüstungsausgaben so verteilt, dass
die Lasten und jeweiligen Leistungsfähigkeiten annähernd übereinstimmen?
Wird dabei berücksichtigt, dass Waffen- und Ausrüstungshersteller
in bestimmte Volkswirtschaften eingebunden sind?
• Wird bei weiterer Abrüstung, z.B. im Anschluss
oder in Fortführung der Abrüstung konventioneller Waffensysteme
in Europa, weiter auf verbindliche multilaterale Verträge gesetzt
oder auf einseitige Verhaltensweisen?
Glücklicherweise entwickelt sich Außenpolitik
- entgegen mancher Dringlichkeitsbehauptung - weniger in Monaten
als in Jahren. Wohlüberlegten Strategien und ihrer Umsetzung sollte
demnach nichts im Wege stehen.
(Ende des Artikels)