(Demut, Respekt und Mut; 01-02; S.2)
Die öffentliche Empörung stellte sich erwartungsgemäß
ein, viele Unbeteiligte machten noch mehr Vorschläge; ändern wird
sich wahrscheinlich wenig. - Das liegt weniger an individuellen
Unfähigkeiten oder böswilligen Unterlassungen, sondern an funktionalen
Rationalitätspräferenzen. So haben Arbeitgeber ein Interesse an
angemessen ausgebildeten Arbeitnehmern, Politiker eines an angemessen
ausgebildeten Führungskräften und Unternehmern, Eltern ein Interesse
an angemessen ausgebildeten Kindern.
Inwieweit dazu Bildung benötigt wird, bleibt
hauptsächlich Pädagogen oder Kulturschaffenden (oder -bewahrenden?)
überlassen. Man muss dabei nicht solch drastische Konsequenzen
beschwören wie der Bonner Pädagogikprofessor Volker Ladenthin,
für den Verzicht auf Bildung gleichzeitig Verzicht auf Terrorprävention
bedeutet (vgl. Ladenthin: "Terrorismus und Bildung"
in: Neue Zürcher Zeitung vom 19.03.02). Überlegenswert ist allerdings,
ob die Kriterien, die deutsche Diskussionen um Qualitätsstandards
dominieren, den (aus) zu bildenden Individuen angemessen sind
und der Gesellschaft nützen.
Seit den siebziger Jahren sind speziell die
Ausbildungen der Mittel- und Oberstufe zunehmend professionalisiert
worden, nun werden es die der Hochschulen. "Professionell"
in diesem Zusammenhang heißt, dass sie im stärkeren Maße an Berufsprofilen
ausgerichtet werden, Schüler sich daher früher für mögliche Karrierewege
entscheiden müssen. Sinnfällig wird diese Entwicklung an der forcierten
Sprach- und EDV-Ausbildung schon auf der Ebene der Grundschulen
sowie an der Schaffung von "Wirtschaftsgymnasien". (weiter
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