(Politische Bildung; 02-02; S.2)
Der Berliner Politologe Herfried Münkler beklagt
dieses als Fehlen einer strategic community in Deutschland: es
führe zu einem Selbstverzicht der Politik und zu einer Selbstermächtigung
des Militärs.
Wenn schon nicht die Gesellschaft, so kann gefragt werden, wissen
dann wenigstens die Soldaten, weshalb sie in ferne Länder geschickt
werden? Das Beispiel der Offiziersausbildung soll zeigen, in welchem
Maß die Politik für die staatsbürgerliche Informierung und Einbindung
des Militärs gesorgt hat.
Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, sei zunächst an die gegebenen
Rahmenbedingungen erinnert: Politische Bildung in den Streitkräften
gilt denen, die ihr jeweiliges Land notfalls mit dem Leben zu
verteidigen bereit sein müssen und hat überwiegend in den Konstellationen
des Kalten Krieges stattgefunden.
Die Bundeswehr und Graf von Baudissin
Bereits 1950 äußerte sich Graf von Baudissin
zum Zweck des westlich-demokratisch geschulten Soldaten. Politischer
Unterricht sollte demnach zur inneren Festigkeit gegen eine Zersetzung
durch antidemokratische Tendenzen führen. Das damals zunächst
unter dem Begriff "inneres Gefüge" entwickelte Konzept,
welches später als "innere Führung" bekannt wurde, hatte
somit eine militärfunktionale Komponente.
In gesellschaftspolitischer Hinsicht gaben sowohl von Baudissin
sowie z.B. der Politikwissenschaftler Arnold Bergstraesser mehrfach
Hinweise auf die Notwendigkeit von "Staatsbürgern in Uniform":
So sollte nach den Erfahrungen des preußischen Militarismus und
seinen Folgen für die Weimarer Republik ein hoher Grad an Identifikation
der Soldaten mit der jetzt demokratisierten Gesellschaft erreicht
werden. Insbesondere Bergstraesser verwies auf die Nichtangemessenheit
bloßer emotionaler Manipulation oder der bloßen Einübung von Verhaltensmustern.
Diese Überlegungen wurden jedoch während der Amtszeit Adenauers
nicht berücksichtigt; verwirklicht wurde vielmehr ab 1958 bis
in die späten sechziger Jahre das Konzept der "psychologischen
Rüstung". Damit stand weniger das Erziehungsziel eines kritikfähigen
und überzeugt demokratischen Staatsbürgers im Zentrum politischer
(Offiziers)Ausbildung, sondern das Erlernen eines demokratischen
"Pflichtenkatalogs". Sozialwissenschaftler waren daran
nicht direkt beteiligt, d.h. sie unterrichteten nicht. Sie gaben
entweder Empfehlungen im Rahmen des Beirats für Innere Führung
beim Ministerium für Verteidigung oder arbeiteten an der 1956
gegründeten Schule für Innere Führung in Koblenz als Gutachter.
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