(Epochentragik; 05-02; S.2)
Für Funktionalisten stellt sich die Kritik höchstens
als Korrekturmechanismus zur "Autopoiesis", also zur
"zielgeleiteten Selbsthervorbringung" dar. Andere, an
Legitimationen Interessierte, fragen nach spezifischen Begründungsmustern.
Ideengeschichte und Herrschaft
Beispiele für kritisierte Praktiken sind der
"Enronismus", die Maximierung persönlichen Nutzens seitens
Politikern, sowie die Gestaltung des Schulsystems. Unter funktionaler
Perspektive sind jeweils geforderte Änderungen nur dadurch begründbar,
dass sie die (Wieder)Erreichung der Ziele ermöglichen sollen,
die den Teilsystemen von einer Gesellschaft zugewiesen worden
sind.
Unter legitimatorischem Blickwinkel sind die Begründungen für
die geforderten Änderungen interessant: sie sollen in einem möglichst
widerspruchslosen Verhältnis zu ethischen Normen stehen, die eine
Gesellschaft für sich akzeptiert hat.
Als Beitrag zu einer Geschichte der Sozialwissenschaften
kann man fragen, warum bzw. ob im Zeitverlauf bestimmte Perspektiven
eher als andere Konjunktur haben. Auch dieses lässt sich wiederum
funktional beschreiben und nach Kriterien der Effektivität bewerten
oder als in Widerspruch oder Übereinstimmung mit Normen beurteilen.
Während Ersteres allein die Kritik von Herrschaftstechniken ermöglicht,
können durch den zweiten Ansatz die Rechtfertigungen von Herrschaft
selbst einer Kritik unterzogen werden.
Das Unterscheiden zwischen rein funktional bewerteter
Technik und nach ethischen Kriterien bewerteter Rechtfertigung
haben die neuzeitlichen Menschen spätestens nach Niccolò Machiavelli
(1469 - 1527) gelernt. Für die deutschen Bundesbürger im beginnenden
21. Jahrhundert stellen sich diese Fragen offenbar noch immer:
aber warum gerade jetzt? (weiter geht's
hier)