(Der Ströbele-Faktor; 03-02; S.3)
Aufgrund dieser Regelung ist es zudem möglich, dass die PDS mit
zwei direkt gewählten Kandidatinnen in den Bundestag einziehen
wird, obwohl die Partei bundesweit nicht über die sonst geforderte
Fünf-Prozent-Hürde gekommen ist. Wäre in einem weiteren Wahlkreis
ein Bewerber der PDS gewählt worden, so wäre diese Klausel aufgehoben
gewesen: die Partei wäre gemäß ihres Zweitstimmenanteils von vier
Prozent im Bundestag vertreten gewesen.
Das deutsche Wahlsystem lässt sich somit als modifiziertes Verhältniswahlsystem
charakterisieren: zwar entspricht die Zusammensetzung des Parlamentes
allgemein den Verhältnissen der abgegebenen Stimmanteile für die
Parteien, direkt gewählte Kandidaten modifizieren dies jedoch.
Wahlarithmetik
Die Tragweite solcher Modifikationen lässt sich am genannten
Wahlkreis 84 zeigen. Falls überhaupt, hat man dort der PDS ein
drittes Direktmandat zugetraut. Jedoch hat der Kandidat der Grünen,
der Rechtsanwalt Hans-Christian Ströbele, die Stimmen von ca.
einem Drittel der Wählenden dieses Wahlkreises bekommen. Damit
ist er als Abgeordneter direkt gewählt worden. - Was die einzige
Möglichkeit für ihn darstellte, da er nicht wie seine Mitbewerber
über einen Platz auf der Landesliste seiner Partei verfügte, nach
der Mandate aufgrund der Zweitstimmen vergeben werden.
Basierend auf dem vorläufigen Endergebnis des Bundeswahlleiters
und der Berechnung von Sitzen nach dem angewandten Hare-Niemeyer
Verfahren ergeben sich so zwei unterschiedliche Zusammensetzungen
des künftigen Bundestages:
• die tatsächliche bei 598 zu vergebenden Sitzen plus fünf zusätzlichen
durch Überhangmandate
SPD 251 Sitze, |
CDU 190 Sitze, |
Grüne 55 Sitze, |
CSU 58 Sitze, |
PDS 2 Sitze, |
FDP 47 Sitze; |
• die anzunehmende Sitzverteilung bei drei Direktmandaten für
die PDS und fünf Überhangmandaten
SPD 242 Sitze, |
CDU 183 Sitze, |
Grüne 53 Sitze, |
CSU 55 Sitze, |
PDS 25 Sitze, |
FDP 45 Sitze. |
Vergleicht man die tatsächliche mit der angenommenen Sitzverteilung
so fällt zweierlei auf: zum einen hat das grüne Direktmandat den
Einfluss der Partei auf die SPD nicht gestärkt, zum anderen aber
die Position der SPD im Parlament geschwächt. (weiter
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